Die Story von Bettina Fürlinger

Von wem ist be your story?

MAG. BETTINA FÜRLINGER, MA

Über Pixiebücher und Käsestreifen-Erstlingswerke zu den Stories

„Mein Schreibbuch vor mir auf den Knien, um mich die knorrigen Altweiberstämme der Olivenbäume inmitten des Chianti. Erst zwei Tage davor hat mich die E-Mail vom Schreibworkshop in der Toskana* erreicht. Meine Pläne waren eigentlich völlig andere gewesen, aber ich konnte nicht anders, als meiner Gänsehaut zu folgen.

Also rein ins Auto, Zwischenstopp in Udine, ein schnelles Panino im Autogrill, erster Jauchzer meiner Seele bei Spaghetti Cacio e pepe und und einem Schluck vom hausgemachten Rosato in Greve in Chianti. Ein durchgehendes „Juchu“, als sich meine erste „short story“ wie von alleine schreibt. Ich muss nur dasitzen, ab und zu in die bienenwarme Luft blinzeln und den Buchstaben dabei zusehen, wie sie sich vor mir auf dem Papier zu einer Geschichte zusammen tun.

Immer schon haben mich Buchstaben, Bücher und Geschichten magisch angezogen, aber wie es eben so ist mit „Heldenreisen“: jede Menge Hindernisse auf dem Weg und mäanderweise unheldische Wegstrecken.

So wie meine private kleine Bücherverbrennung in der Volksschulzeit: aus dem Kindergarten hatten sie mich frühzeitig in die Schule geschickt, weil es so ausgesehen hatte, als könne ich mit vier Jahren schon lesen. Dabei hatte ich mir die Texte meiner Pixiebücher einfach nur solange vorlesen lassen, bis ich sie auswendig konnte. Nun war ich die Kleinste, Jüngste, die unter langen Stirnfransen aus der Schulbank blinzelte und nicht stillsitzen konnte. „Ich schreibe ein Buch, ich werde Schriftstellerin“, posaunte ich in der Deutschstunde hinaus und erntete aus engstehenden Lehrerinnen-Augen ein ernstzunehmendes „Mach dich doch nicht so wichtig.“ Das saß. Zu Hause verbrannte ich im Garten mein erstes kleines, selbstverfasstes Buch – geschrieben auf Blättern aus Mamas quadratischer Einkaufszettelbox, gebunden mit roten Streifen aus der Schale von Edamerkäse, die man wie Plastillin kneten, formen und pickig machen konnte.

Also brav sein, nach der Schule brav studieren – Publizistik und Kunstgeschichte anstudieren, das eine als nutzlos, das andere als brotlos wieder fallen lassen, sich nach zu Ende gebrachter vernünftiger Betriebswirtschaft in einer Bank wiederfinden. 9/11 hinterlässt nicht nur einen Krater im Ground Zero, auch in mir bleibt ein Riss, der sich nicht mehr zukitten lässt. In die Unfassbarkeit der Ereignisse hinein sind wir gefordert, als Bank unseren Job zu tun: was bedeutet das alles für den Dollar, den Yen, die Anleihen und Aktien in den Wertpapier-Depots unserer Kunden…? Als Leiterin der Kommunikationsabteilung verfasse ich die „proaktiven“ Statements dafür. Klar, wir sind eine Bank und darum geht es hier. Aber worum geht es mir?

In mir versteht etwas, dass ich Kommunikation noch ein wenig anders verstehen und meine geliebten Buchstaben anders einsetzen will. Dass ich die professionelle Welt mit meiner Leidenschaft verbinden und mit Menschen arbeiten will, die ihr Know-how und ihr professionelles Wirtschaften aus ihrer Überzeugung und ihrem Spirit heraus leben.

Und da sind sie wieder: die Stories, die Buchstaben, die Bücher, die jedes Leben schreibt. Lange bevor Storytelling in der Unternehmenskommunikation modern wird, wird mir klar: unsere Stories und Heldenreisen sind es, die etwas bewegen.

Ich gründe mein Unternehmen für Kommunikationsberatung für Unternehmen, die etwas bewegen möchten und durchlebe interessante Heldenreisen-Stationen in meiner neuen Selbständigkeit. An einem Augustmorgen erreicht mich per Email das Kündigungsschreiben meines Bürovermieters. Er benötigt meinen Raum für seine eigene Expansion.

Weniger als eine Stunde später bekomme ich von meiner nunmehrigen Nachbarin den Tipp, dass ein Straßenlokal in meiner Wiener Lieblingsgegend frei wird. Zufall? Meine Gänsehaut sagt „nein“ und vereinbart einen Besichtigungstermin. Es braucht noch einiges an Vorstellungsvermögen, aber irgendwie sieht die Location so aus wie mein inneres Bild, das ich seit Jahren heimlich mit mir herumtrage. Die Stories haben ihren Raum gefunden, um entdeckt, geboren und erzählt zu werden. ­be your story.

*Ein Workshop von Ana Znidar, highly recommended

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